Mamis, lasst uns endlich ehrlich sein – Gedanken einer unperfekten Mutter
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„Ich lieg im Bett, meine Gedanken kreisen um die Frage: was sollte ich eigentlich als Frau und Mutter heute alles leisten? Ich habe das Gefühl, ich muss perfekt sein.
Es ist nicht so, dass diese Frage irgendwann einmal im Raum stand und ich mir darüber Gedanken gemacht habe. Es ist einfach so. Perfekt zu sein, ist mein Ziel. Gleichzeitig quält mich täglich ein Gedanke. Bin ich gut genug?
Gut genug für meinen Mann, meine Kinder, meinen Beruf, meine Familie, meine Freunde, die Gesellschaft…?
Ich kenne die Antwort.
Ich bin es nicht.
Jeden Tag stehe ich auf und gebe mein Bestes. Jage einem Idealbild hinterher. Woher kommt dieses Idealbild?
Es gibt so Vieles zu tun. Was kann ich heute meinen Kindern bieten? Womit könnte ich Ihnen eine Freude machen? Ich muss noch an mir als Mutter arbeiten, denn erst gestern habe ich die Fassung verloren, sie angebrüllt. Was habe ich nur getan? Wie sehr habe ich sie verletzt dadurch?
Schon längst wollte ich mal wieder mit meinem Mann ausgehen. Er unterstützt mich so sehr und ich habe nicht einmal Zeit, mir anzuhören, wie sein Tag war. Wie lange wird er das noch mitmachen?
In der Arbeit ist so vieles liegen geblieben. Welche Auswirkungen wird das haben? Haben alle Recht und ich kann als Mutter nicht mehr das geben, was von mir erwartet wird?
Nachdem ich aufstehe, steige ich über Wäscheberge im Schlafzimmer. Ach ja, die Wäsche wollte ich machen. Wir haben bald keine frische Wäsche mehr anzuziehen.
Ich möchte eigentlich nur eines: Schlafen. Schlafen und nicht an morgen denken. Alles entgleitet mir. Ich kriege es einfach nicht hin.
Ich hetzte dem Tag hinterher, den Kopf voller ungeliebter Gedanken.
Die Gedanken, was noch zu tun ist. Die Gedanken, wie es eigentlich sein sollte, sein könnte.
Die Gedanken, dass ich es nicht schaffe. Ich schaffe es nicht so, wie all die anderen Mamas um mich herum.
Diese Gedanken, diese fiesen kleinen Teufelchen… Ich versuche, sie zu verdrängen.
Ich hetze los und gebe alles. Obwohl ich nicht mehr kann, müde bin, erschöpft bin, kraftlos bin.
Was ist los mit mir? Wieso schaffe ich es nicht? Wieso kriegen es alle anderen hin nur ich nicht?
Ich erkenne mich selbst nicht mehr. Ich weiß nicht mehr so recht, wer ich bin, was mich ausmacht. Ich war doch immer voller Power und Energie. Habe mit links auch einmal schwierige Zeiten gemeistert. All meine Kraft und Energie… es ist… als ob sie sich plötzlich gegen mich selbst richtet. Sie zerstört mich. Ich gebe, gebe, gebe, überlege mir jeden Tag, was ich noch tun kann – und doch ist es nicht genug. Ich bin nicht genug.
Meine Gedanken rasen, der Kopf ist voll.Voll von Dingen, was ich noch tun könnte, voll von Selbstvorwürfen. Alles dreht sich. Dabei kann ich doch nicht aufhören. Ich werde gebraucht. Meine Kinder brauchen mich.
Woher kommt dieser Druck? Wer macht mir diesen Druck?
Über die Zeit, mit dem Wunsch perfekt sein zu wollen, es allen Recht zu machen, habe ich die Verbindung zu mir selbst verloren.
Ich bin leer, verbraucht, müde, traurig. Wer bin ich geworden? Wer will ich sein? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich dieses Idealbild nicht erfüllen kann. Der Preis ist zu hoch. Zu hoch.“
Dies waren meine eigenen Gedanken noch vor nicht allzu langer Zeit.
Heute sehe ich in meiner Arbeit und in den vielen Gesprächen, die ich führe, so viele Frauen, denen es so oder so ähnlich geht. Die ihr Außen auf Hochglanz polieren (wie ich es auch getan habe). Die nicht zugeben wollen und auch nicht zugeben können, dass es im Innen ganz anders aussieht. Die sich einsam fühlen und das Gefühl haben, nicht zu genügen.
Dabei wollen sie es doch einfach nur richtig machen.
Sie sind insgeheim auf der Suche nach Halt. Nach einer Hand. Jemandem, der sie sieht und versteht. Jemandem der sagt, dass es auch anders gehen kann.
Doch woran sollen sie sich orientieren?
An den Zeitschriften, die uns Mamis zeigen, die drei Wochen nach Geburt wieder eine tolle Figur und eine tolle Partnerschaft haben?
An Frauen, die drei oder mehr Kinder haben, erfolgreiche Schauspielerin sind und sich noch für karitative Zwecke einsetzen?
An Müttern, bei denen man zum Kaffee eingeladen ist, weil die Kinder gern miteinander spielen und dort eine blitzblank geputzte Wohnung und einen frisch gebackenen Kuchen vorfindet? Und wenn man sie fragt, wie sie das geschafft haben bekommt man die Antwort: „Ach, ja, ich hab den ganzen Tag gearbeitet. Aber das war doch kein Problem. Ging ganz schnell.“
An den eigenen Müttern? Die uns sagen, dass sie selbst es nicht so leicht hatten wie wir. Und es auch einmal schwierige Zeiten gibt, durch die man sich durchbeißen muss?
An unseren Omas? Nein, mit ihnen dürfen wir uns nicht vergleichen, denn sie haben wirklich Schlimmes erlebt und haben trotz Kriegserfahrung oder Nachkriegszeit unsere Eltern großgezogen.
An den Firmen, die uns zu verstehen geben, dass wir als arbeitende Mutter keine gute, ernst zu nehmende Arbeitskraft mehr sind? Und dass wir leider nicht ins unsere alte Position zurück kehren können?
An der Politik, die eine Frauenquote einführt? Bei der die Qualität, die wir liefern zweitrangig wird und wir eine Führungsposition bekommen, weil x% Frauenanteil vorgeschrieben ist?
Wo sind die Rolemodels, die Frauen, die uns ein ehrliches Bild vorleben?
Die offen damit umgehen, dass es auch einmal hart ist. Dass es Tage gibt, an denen man alles hinschmeißen möchte. Dass es Zeit und Mühe kostet und nicht einfach ist, sich neu zu finden.
Dass es nicht leicht ist, sich in den vielen Rollen, die es dann plötzlich gibt, zurecht zu finden.
Wo sind die Frauen, die nicht darum kämpfen, die schwerste Bürde zu tragen?
Weil sie z.B. alleinerziehend sind? Oder finanzielle Not haben? Oder gesundheitlich beeinträchtigt sind?
Wo sind die Frauen, die sehen, dass es die jeweils andere Frau einfach schwer hat im Moment? Sie in den Arm nehmen und ihr zu verstehen zu geben, dass sie gesehen wird?
Die einander sehen, als das, was sie sind:
Großartige Frauen, die täglich viele Herausforderungen meistern.
Großartige Frauen, die Tag für Tag ihr Bestes geben.
Großartige Frauen, die bereit sind, sich selbst zu opfern, damit es anderen gut geht.
Großartige Frauen, die auch mal blöde und anstrengende Tage haben, an denen so gar nichts perfekt ist.
Sollten wir uns nicht einander die Hand reichen, in die Augen schauen und Verständnis zeigen?
Weil wir einander doch so gut verstehen?
Weil es ein tiefes, inneres Wissen gibt, dass es auch einmal schwer ist?
Eine tiefe, innere Weisheit, die uns miteinander verbindet.
Jede Frau sollte doch so sein dürfen, wie sie eben ist.
Du darfst sein, wie du bist. Denn du bist ein wundervoller Mensch, der so vieles gibt.
Liebe Mama, gib dir von der vielen Liebe, Wertschätzung und Geduld, die du anderen entgegenbringst doch selbst etwas ab.
Halte mal kurz inne und erkenne an, was dich ausmacht.
Du hast etwas wundervolles, großartiges für diese Welt zu bieten – alleine durch dein Sein!
Lass uns das Frauenbild, das Mutterbild ändern.
Lass uns Realität werden, was Realität ist!
Lass uns ein Vorbild für andere, für künftige Mütter sein.
Damit werdende Mütter, heranwachsende Frauen, unsere Partner, die Gesellschaft uns so sehen können, wie wir wirklich sind:
Starke, kraftvolle, liebevolle Frauen, die sich so annehmen können, wie sie sind.
Mit allen Ecken und Kanten.
Mit Humor, weil auf dieser Welt nicht alles so ernst zu nehmen ist.
Mit dieser nie endenden Liebe, die wir nicht nur anderen, sondern in erster Linie uns selbst geben können.
Deine Katja
Live the life you love!
Du bist eine arbeitende Mutter und fragst dich, wann du endlich mal wieder Zeit für dich hast?
Ich begleite dich auf deinem Weg raus aus der Mehrfachbelastung, hinein in die Mehrfachfreude. Lass uns über deine Situation und über deine Wünsche sprechen und sehen, wie ich dir helfen kann. Schnapp dir einfach eines meiner kostenfreien Kennenlerngespräche. Ich freue mich, mit dir zu sprechen.
Ja, ich will ein Kennenlerngespräch
Ein ganz wunderbarer Artikel, der mir sehr aus dem Herzen spricht!
Danke liebe Katja.
Alles Liebe
Christina
Das freut mich, liebe Christina.
Ganz liebe Grüße,
Katja
Gedanken, die wohl jede Frau kennt.
Ob als Mama oder nicht.
Und wie wunderbar ist es, wenn jemand die Hand ausstreckt und versteht.
So wie Du in Deinem Artikel.
Das macht warm und leichter ums Herz.
Schön, dass es solche Frauen wie Dich gibt.
Herzliche Grüße
Sabine
Vielen Dank für deine Worte, liebe Sabine.
Ganz liebe Grüße,
Katja
Liebe Katja.
Dies ist ein ganz wundervoller Artikel. Ich merke selbst immer wieder, wie ich mit allen Jobs gleichzeitig an meine Grenzen stoße. Manchmal geht dann einfach nichts mehr. Man fragt sich dabei immer wieder, ob man denn für alles alleine verantwortlich ist.
Leider schauen wir gerade in diesen Phasen viel zu sehr auf andere und erhöhen den Druck, statt uns selbst zu erholen.
Viele trauen sich nicht, auch mal schlecht über ihren Mann oder ihre Kinder zu sprechen. Es könnte ja jemand deswegen schlecht über sie denken. Wirklich traurig.
Ich selbst freue mich ehrliche Mamas um mich zu haben, die genau so wie ich auch sagen, wie anstrengend all unsere Jobs sind. Und uns allen geht es dadurch so viel besser.
Liebe Grüße
Janine
Liebe Janine,
vielen Dank für deine Zeilen. Ja, ich denke auch, dass viele sich nicht trauen, einmal auszusprechen, was ihnen wirklich durch den Kopf geht.
Ich freue mich, dass du tolle Frauen und Mütter um dich hast, mit denen du dich ehrlich austauschen kannst. Ich finde es erleichternd und unterstützend, wenn so ein Austausch möglich ist.
Liebe Grüße,
Katja
Liebe Katja
danke für deine ehrlichen Zeilen – ich kann jedes einzelne Wort davon nachvollziehen!
Am besten gefällt mir diese Message: „Liebe Mama, gib dir von der vielen Liebe, Wertschätzung und Geduld, die du anderen entgegenbringst doch selbst etwas ab. Halte mal kurz inne und erkenne an, was dich ausmacht. Du hast etwas wundervolles, großartiges für diese Welt zu bieten – alleine durch dein Sein!“
Gerne möchte ich sie in die Welt hinausschreien, damit jede einzelne Mama hören kann!
DANKE
Marianne
Liebe Marianne,
je gerne: schrei es in die Welt hinaus!!! Ich freue mich, wenn du mich dabei unterstützt 🙂
Ganz liebe Grüße,
Katja
Wunderbar inspirierend, liebe Katja, vielen Dank!
Beim Frauenbild, Mutterbild ändern und Vorbild sein, bin ich dabei. Ganz aktuell auch in meinem neusten Blogartikel zum Mutterkörper. Heftig, was einer Frau alles so entgegenschlägt, wenn sie dann auch noch Mutter wird und noch mehr Ansprüche erfüllen soll. Und doch geht es ja immer um die Eigenverantwortlichkeit – Du schreibst es ja oben ganz wunderbar.
Herzensgrüße,
isabel