Lisa sitzt mir gegenüber und ist frustriert. Was da gerade im Job passiert, ist einfach mühsam. Sie erzählt, dass sie eigentlich schon lange in eine andere Abteilung wechseln wollte. Nicht nur, weil ihr dort die Arbeit mehr Freude bereiten würde, sondern auch, weil die dortige Chefin ein Vorbild von ihr ist. Die beiden hatten schon lange ein gutes Verhältnis und es war kein Geheimnis, dass auch sie Lisa gerne bei sich hätte.
Nun hat Lisa Folgendes erlebt: schon seit einiger Zeit verhält sie sich Lisa gegenüber merkwürdig. Sie kritisiert die Arbeit, sie ist Lisa gegenüber schlecht gelaunt und abweisend. Über ihren Eindruck hat Lisa dann mit einer Kollegin gesprochen, die bestätigt hat, dass sie das auch wahrnimmt. Laut Lisa gab es aber keinen Vorfall oder Ereignis, was dies gerechtfertigt hätte.
Aber das war noch nicht alles.
Lisas Chef hat ihr vor ein paar Tagen eröffnet, dass Lisa ihre eigene Nachfolgerin einarbeiten soll. Denn Lisa soll in die (gewünschte) Abteilung wechseln. Darüber war Lisa fassungslos. „Ich werde abgeschoben… ich fühle mich im Stich gelassen. Wie kann er das alles hinter meinem Rücken tun. Ich engagiere mich hier so und das ist der Dank! Und mein Platz ist schon vergeben. Außerdem will ich doch jetzt gar nicht mehr in die andere Abteilung wechseln, wo die Chefin so komisch zu mir ist. Sie will mich sicher gar nicht mehr haben.“
Wenn du das liest, was hast du für einen Eindruck?
Kannst du Lisas Ärger und ihren Frust nachvollziehen?
Was würdest du davon halten?
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Interpretationen, Beurteilungen, Erwartungen
Das, was Lisa mir erzählt, passiert tagtäglich tausendfach. Überall da, wo Menschen auf Menschen treffen, passieren solche Dinge. Jemand verhält sich, sagt etwas und wir fühlen uns entweder gut und gemocht, wertgeschätzt, oder auch abgelehnt und verurteilt.
Wir nehmen Vorfälle, Menschen, Ereignisse natürlich durch unsere eigene Brille wahr. Wir sehen Tatsachen, addieren unsere persönliche Lebenserfahrung mit ähnlichen Situationen und bringen unsere Bedürfnisse mit hinein.
Wenn das passiert, sehen wir die Situation dann neutral?
Nein, natürlich nicht.
Daher ist es normal und verständlich, dass man, wie Lisa, frustriert, traurig oder wütend ist.
Die Falle
Dies ist eine der größten Fallen, in die wir im Alltag treten können. Eine Falle, die dazu führt, dass du dich nicht gut fühlst. Du wirst unglücklich.
Diese Falle?
Deine eigene Perspektive.
Versetz dich doch in Lisa hinein und beobachte die Situation. Du kommst vielleicht zu einem ähnlichen Schluss wie sie. Ich denke, du kannst sie auf jeden Fall verstehen oder?
Ein neuer Versuch – die neue Perspektive
Ich habe noch eine andere Geschichte für dich. Was glaubst du, würde uns Lisa’s Chef erzählen?
Welche Beweggründe könnte er gehabt haben für seine Handlungen?
Es gibt da verschieden Möglichkeiten, oder?
Entweder hat Lisa Recht und es ist genau so, wie sie es vermutet. Oder…
Er kennt Lisa’s Wunsch, in die andere Abteilung zu wechseln. Und nachdem die Fluktuation in der Firma in letzter Zeit hoch war, hat er Angst, Lisa zu verlieren. Sie ist eine sehr gute Mitarbeiterin und er will sie auf keinen Fall verlieren. Also hat er sich auf die Suche nach möglichen Nachfolgern gemacht und sie auch gefunden. Außerdem hat er mit der Chefin der anderen Abteilung gesprochen und auch sie findet die Idee grundsätzlich gut. Ja, ist hatte ein paar Einwände, bzw. Forderungen, denen er aber nicht zugestimmt hat. Sie waren sich jedenfalls einig und er war zufrieden mit dem Ausgang. Was er nur überhaupt nicht versteht, ist Lisas Reaktion. Als er ihr davon erzählt hat, war sie still. Sie hat keinen glücklichen Eindruck gemacht und war fast sogar verärgert, dass sie ihren Nachfolger einarbeiten soll. Er versteht diese Reaktion überhaupt nicht… Das soll der Dank dafür sein, dass er ihren Wunsch erfüllt?
Wagen wir noch eine weitere Perspektive.
Die neue Chefin hat auch eine Geschichte zu erzählen.
Es könnte sein, dass sie uns erzählt, dass sie wirklich verärgert ist und Lisa einfach nicht leiden kann. Oder…
Schon vor ein paar Wochen wurde sie von Lisa’s Chef überrumpelt. Er hatte die Idee, dass Lisa jetzt doch bei ihr arbeiten soll. Damals, als sie ihn darauf angesprochen hatte, kam das für ihn überhaupt nicht in Frage. Komisch, dieser Sinneswandel. Sie hält viel von Lisa und freut sich, wenn sie endlich für sie arbeiten kann. Jedoch hat ihr die Art und Weise der Verhandlung gar nicht gefallen. Lisa’s Chef schien sich gar nicht für ihre Bedingungen und Ideen zu interessieren. Alle Forderungen hat er abgelehnt. Das ist einfach keine Art. Außerdem geht es ihrer Mutter im Moment echt nicht gut. Und anstatt kürzer zu treten, damit sie sich kümmern kann, gibt es viel zu viel Arbeit. Ihr fehlt einfach ein Mitarbeiter. Sie läuft schon seit Tagen ziemlich am Limit, es ist zu viel.
Was war, was ist – wer hat Recht?
Wie beurteilst du die Situation jetzt?
Dabei habe ich dir nicht viele andere Perspektiven gegeben. Lediglich zwei weitere…
Wie es tatsächlich war und was wer gedacht oder getan hat, wissen wir nicht. Das ist nun einmal so. Doch wir Menschen neigen dazu, uns Begründungen einfallen zu lassen. Meistens nutzen wir dafür Geschichten und Interpretationen, die nicht zu unserem Vorteil sind. Dies ist ein Schutzmechanismus und somit völlig normal.
Zur Falle wird so etwas wie in Lisas Fall. Denn bei ihr hat ihre eigene Interpretation dafür gesorgt, dass sie frustriert und verärgert war. Dies hat dazu geführt, dass auch sie in der Arbeit missmutig war, kurz angebunden und die Arbeit nicht ganz so erledigt hat, wie man es von ihr gewohnt ist. Da liegt es auf der Hand, dass sowohl ihr Noch-Chef, als auch die Bald-Vorgesetzte bemerken, dass etwas nicht stimmt. Sie fangen an, ihrerseits zu interpretieren und sich Gedanken zu machen…
Was tun? Neue Perspektiven zulassen
Im Coaching haben wir genau das getan. Wir haben uns überlegt, was es noch bedeuten könnte. Lisa hat für sich beschlossen, neutral an die Sache ran zu gehen. Sie konnte diese neuen Perspektiven zulassen. Sie konnte erkennen, dass ihr Chef vielleicht wirklich etwas gutes tun wollte. Und sie hat sich überlegt, dass die Laune der neuen Chefin vielleicht überhaupt nichts mit ihr zu tun hatte.
Letztlich war es so oder so ähnlich. 🙂 Es hat sich jedenfalls aufgelöst und sie arbeitet heute sehr zufrieden in der neuen Abteilung.
Was bedeutet das für dich?
Lass neue Perspektiven zu. Überlege dir:
Was könnte es noch bedeuten?
Was könnte der Andere noch im Sinn gehabt haben?
Will er oder sie mir wirklich was Schlechtes? Mich ärgern?
Was kannst du aus der Situation lernen?
Denn sobald du diese neuen Gedanken und Möglichkeiten zulässt, wird sich etwas verändern. Du wirst klarer sehen, was die Fakten sind und wo Geschichten, Befürchtungen und Interpretationen anfangen.
So wird es dir gelingen, dass du dich nicht mehr schlecht fühlst. Du kannst aus der Negativspirale aussteigen und wirst gelassener werden.
[easy-tweet tweet=“Glaube nicht immer, was du denkst, hörst du?“]
Get the life you love!
Deine Katja
PS: Dies ist Teil einer Serie Wie du glücklich werden kannst. Solltest du diesen Beitrag noch nicht gelesen haben, findest du ihn hier.
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